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Die bizarren bürgerkriegsstiftenden Impulse der professionellen Managerklasse in den USA

Geschrieben am 7. September 2021 von Yves Smith auf nakedcapitalism.com


Liebe deinen Feind, denn du wirst werden wie er.
-Israe­li­sches Sprichwort

Als Lambert vor ein paar Jahren davon sprach, daß profes­sio­nelle Experten und offi­zi­elle Sprecher der Demo­kraten sich so verhalten, als ob sie versuchen würden, einen Bürger­krieg in den USA anzu­zet­teln, dachte ich, er hätte zu viel Zeit auf Twitter verbracht und könnte eine Dosis Riechsalz gebrau­chen. Jetzt sieht es so aus, als ob er Recht hatte, wenn auch so früh, daß der Impuls noch hätte verpuffen oder sich in eine andere Richtung entwi­ckeln können.

Einer der Gründe, warum es schwierig ist, über diese offen­sicht­liche, aber diffuse und viel­schich­tige Entwick­lung des aktiv geschürten Klas­sen­hasses zu sprechen, liegt darin, dass sie sich nicht eindeutig nach demo­gra­fi­schen Gesichts­punkten einordnen lässt, so sehr einige Grup­pie­rungen uns das auch weis­ma­chen wollen. Er ist psychografisch.

Der Hass auf die Anderen sollte ein Kenn­zei­chen der Unge­bil­deten, Provin­zi­ellen und Into­le­ranten sein. Doch jetzt werden blutige, bösartige Fantasien darüber, was mit denen geschehen sollte, die falsch denken und falsch handeln, nicht nur frei geäußert, sondern sogar beklatscht.

Die unmit­tel­bare Mani­fes­ta­tion ist der offene Haß auf die Unge­impften. Sie werden als weiße Trump-Wähler darge­stellt, obwohl die Impfraten auch unter Schwarzen, Hispano­ame­ri­ka­nern und selt­sa­mer­weise auch unter Promo­vierten relativ niedrig sind. Als verspä­tetes Einge­ständnis, daß die Stereo­ty­pi­sie­rung der Unge­impften in den Medien zu eng gefaßt ist, werden die Impf­scheuen aus Minder­heiten nun als „Impf­ver­wei­gerer” bezeichnet.[1]Es ist bemer­kens­wert, daß ich nirgends einen Grund sehe, den ich schon oft aus erster Hand gehört habe: Sie haben Freunde oder Kollegen, die solche Neben­wir­kungen hatten, so daß sie einen oder … Continue reading

Eine der neuen Möglich­keiten, die bösen (vermeint­lich weißen) Unge­impften zu verachten, besteht darin, sie als unwürdig darzu­stellen, medi­zi­ni­sche Hilfe für Covid zu erhalten, weil es angeblich ihre Schuld ist, daß sie in dieser Lage geraten sind. Doch niemandem macht es etwas aus, wenn Raucher gegen Krebs und COPD behandelt werden, oder Opfer von Geschlechts­krank­heiten, die sich vermut­lich nicht die Mühe machen konnten, ein Kondom zu benutzen, oder Über­ge­wich­tige gegen Herz­in­farkte und Diabetes, oder Betrun­kene, die sich selbst mit dem Auto zertrüm­mern, oder Selbst­mord­ver­suche. Wenn wir nach dem Motto verfahren: „Nur die, die es verdienen, werden behandelt”, könnten wir die medi­zi­ni­schen Industrie wahr­schein­lich um zwei Drittel reduzieren.

Und diese Meinung findet immer mehr Anhänger. Unser Internist prak­ti­ziert in einem der am stärksten von Demo­graten domi­nierten Land­kreise der USA. Ein aktueller Bericht:

Während des Mittag­essens im Ärztesaal kam die Nachricht, daß ein unge­impfter Patient in dem Terti­är­zen­trum, in das er gestern Abend einge­lie­fert worden war, gestorben war. Drei Ärzte saßen am Tisch neben mir und sagten laut so etwas wie: „Tja, dieser Blödmann hatte es verdient”. Ich saß einen Moment lang da und niemand sagte ein Wort. Ich konnte es nicht glauben. Schließ­lich musste ich etwas sagen — „Mein Vorsit­zender [ein hoch­ran­giger Vertreter der akade­mi­schen Medizin und renom­mierter Medi­zi­nethiker] hätte mich auf der Stelle gefeuert, wenn ich so etwas über einen AIDS-Patienten auch nur gedacht hätte. Das ist völlig unpro­fes­sio­nell und unan­ge­messen, so etwas laut zu sagen.” DAS IST IHRE MEINUNG, DIESE DUMMKÖPFE HABEN ES VERDIENT — war die Antwort.

Sie werden von Tag zu Tag gemeiner und unver­schämter — so wie die ganze Impfstoff-Geschichte von Tag zu Tag mehr aus dem Gleich­ge­wicht gerät.

Ich habe das Gefühl, daß ich langsam eine Vorstel­lung davon bekomme, wie es war, zuzusehen, wie sich normale, glück­liche deutsche Bürger in die SS verwandelten.

Zugegeben, ich war nicht dabei, aber vor allem, wenn es von einer Gruppe von Ärzten kommt, klingt dieses Gerede für meinen Geschmack etwas zu sehr nach Lebens­un­wertem Leben.

Die andere Recht­fer­ti­gung für die Bestra­fung der Chaoten ist, daß von ihnen eine Anste­ckungs­ge­fahr ausgeht. Das Problem ist, daß sich das nur schwer belegen läßt, da die Impf­stoffe nie zur Verhin­de­rung von Infek­tionen, sondern nur von schweren Fällen zuge­lassen wurden. Wir haben schon früh auf Daten aus Israel hinge­wiesen, die inzwi­schen bestätigt wurden und aus denen hervor­geht, daß die Fall­zahlen bei Geimpften und Unge­impften im Juli propor­tional waren. Das ist 5–6 Monate nach der Impfung durch Pfizer und scheint eine Kombi­na­tion aus abneh­mendem Schutz im Laufe der Zeit und einer gewissen Umgehung der Impf­stoffe durch Delta zu sein. Andere Studien haben die abneh­mende Wirk­sam­keit des Impf­stoffs bestätigt.

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Die CDC stellte fest, daß die nasale Viruslast bei Geimpften und Unge­impften in etwa gleich hoch war. In einer Studie wurde argu­men­tiert, daß das Virus bei den Geimpften dennoch etwas geschwächt sei; unser Geschäfts­führer war davon nicht beein­druckt: „Ja, es wurde 2x anste­ckender, die Geimpften sind nur 1,8x anste­ckender, wir haben gewonnen…”

Und es ist nicht so, daß die vielen Geimpften jetzt eine mora­li­sche Über­le­gen­heit für sich bean­spru­chen können, wo es populär geworden ist, auf Masken und soziale Distan­zie­rung zu verzichten (die ange­sichts der viel größeren Anste­ckungs­ge­fahr von Delta viel größer sein müßte) und Restau­rants und Veran­stal­tungen zu besuchen.

Es mag über­trieben erscheinen, rach­süch­tige Impf­be­für­worter als Proto-Nazis darzu­stellen. Doch ein Leser, der in der Asian American Alliance seines Bundes­staates führend war, berichtet, daß die Chinesen, die sich noch an die Kultur­re­vo­lu­tion erinnern, die Demo­kraten „in Scharen” verlassen, und zwar wegen der tech­ni­schen Zensur, der kultu­rellen Reinheit in Form von „Wokeness” und dem jetzt wegen Covid geschürten Haß, der nur allzu sehr an das erinnert, vor dem sie geflohen sind.

Aber gleich­zeitig wirkt die Wut der selbst­er­nannten Mitglieder der Elite auf Menschen, die sie nicht oder nur als Stereo­typen kennen, wie die eines Eltern­teils oder einer Autorität, die wütend darüber ist, daß man sich ihnen wider­setzt. Es ist nicht so, daß viele oder alle wütend darüber sind, daß z. B. Kran­ken­haus­mit­ar­beiter an die Grenzen ihrer Belast­bar­keit getrieben werden, sondern weil ihre Vorstel­lung davon, wie die Dinge funk­tio­nieren sollten, in Frage gestellt wird.

Und das geht auf das Jahr 2016 zurück. Ein großer Teil der Leute, die glauben, daß sie das Sagen haben, weil sie es verdient haben, erlebten eine Erschüt­te­rung ihres kollek­tiven Selbst­ver­ständ­nisses, als Trump gewann. Trump hat dann seine Sünde noch verschlim­mert, indem er eine wech­selnde Schar von Inkom­pe­tenten und Groß­mäu­lern in seiner Regierung hatte. Bemer­kens­wert ist, daß die Oppo­si­tion, anstatt in aller Ruhe ihr Comeback zu planen, vier Jahre lang mit dem lautesten Gejammer verbrachte, das man sich vorstellen kann, und enorme Energie auf den vermeint­li­chen Show-Stopper von Trump, Russia­gate, verwen­dete, der ein fetter Flop war.

Aller­dings haben wir und andere wieder­holt darauf hinge­wiesen, dass Biden fast alle von Trumps Maßnahmen fort­ge­setzt, das China-Pokern inten­si­viert und den Trump-Plan zum Abzug aus Afgha­ni­stan umgesetzt hat. Er hat auch das Trump’sche Covid-Programm über­nommen, indem er alles auf die magischen Impf­stoffe gesetzt hat, die Trump gefördert hat, und hat schließ­lich sogar das Tragen von Masken verworfen, indem er deren Abschaf­fung als ein Haupt­merkmal in seine „Mission erfüllt”-Position vom Mai aufge­nommen hat.

Woher also kommt der Hass? Es geht auf ein Phänomen zurück, das Thomas Frank in seinem Buch Listen, Liberal so gekonnt beschrieben hat. Er schrieb über eine Konferenz. Ein reguläres, unan­ge­nehmes Merkmal war, daß jeder, der erwähnt wurde, in den höchsten Tönen gelobt wurde… und niemand reagierte, als ob das seltsam wäre. Im Gegenteil, es wurde als normal und erwartet angesehen.

Wer hat es schon nötig oder will in den Himmel gelobt werden, wenn es selbst­ver­ständ­lich ist? Narzissten und andere zutiefst unsichere Menschen. Und einige dieser Unsi­cher­heiten sind wirklich begründet. In einer hoch­gradig unglei­chen, geschich­teten Gesell­schaft bedeutet der Verlust des Einkom­mens nicht nur den Verzicht auf die dies­jäh­rige Skireise oder eine Haus­re­no­vie­rung. Unter anderem führt er oft zum Verlust des sozialen Umfelds, da man sich die Mitglied­schaft im Country Club, den Vorsitz in einem Ausschuss der Wohl­tä­tig­keits­or­ga­ni­sa­tion oder die Mitglied­schaft im Vorstand der Privat­schule seines Kindes nicht mehr leisten kann. Soziale Bezie­hungen sind ober­fläch­lich und sehr stark von der Gesell­schafts­schicht abhängig.

Steve Waldman hat diese Psycho­logie in seinem Beitrag Raub­tier­hafte Preka­rität ausführ­lich beschrieben:

Es gibt Leute an der Spitze der ameri­ka­ni­schen Nahrungs­kette, die stink­reich sind und für die Fragen des Auskom­mens und der finan­zi­ellen Sicher­heit in lächer­li­cher Ferne liegen. Mit solchen Leuten ist es einfach, umzugehen. Wenn es nur um „uns” (wer auch immer wir sind) gegen sie ginge, wäre die Politik einfach. Wir hätten die Milli­ar­däre schon vor langer Zeit besteuert, damit sie ihren gerechten Anteil zahlen.

Aber die meisten Leute an der Spitze der ameri­ka­ni­schen Nahrungs­kette sind nicht stink­reich, sondern super­reich. Sie „verdienen” Geld­summen, die nach jeder fairen Rechnung, natürlich im globalen Kontext, aber auch im ameri­ka­ni­schen Kontext, gigan­tisch sind. Aber sie verpul­vern diesen Wohlstand in Bieter­kriegen um unglaub­lich (wenn auch künstlich) knappe soziale Güter. Niemand „muß” in Arlington (oder in meinem eigenen San Francisco) leben. Niemandes Kind „muß” auf eine Privat­schule gehen (oder, für die Wissenden unter uns, auf eine öffent­liche Schule, die durch die Wohnungs­kosten in der Nach­bar­schaft faktisch exklusiv ist). Wenn Sie bei der Suche nach einer Vorschule oder einer Kinder­ta­ges­stätte den Preis zur obersten Priorität machen, können Sie viel­leicht etwas Vernünf­tiges finden….

Es geht nicht darum, daß Sie Mitleid mit den Bewohnern von Arlington (oder San Francisco) haben sollten. Scheiß auf die ( äh, uns). Aber Sie übersehen etwas Wichtiges, zumindest in poli­ti­scher Hinsicht, wenn Sie nicht begreifen, daß die Leute, welche Sie finan­ziell ausbeuten, ihrer­seits die Beute von jemand anderem sind. Die lega­li­sierte Korrup­tion, die den größten Teil der (dollar­ge­wich­teten) US-Wirt­schaft ausmacht, ist unter anderem deshalb so unbe­weg­lich, weil die Leute, deren Lobby­isten die Märkte in die Enge getrieben haben, um sicher­zu­stellen, daß sie über­be­zahlt bleiben, verzwei­felt Angst davor haben, nicht mehr über­be­zahlt zu werden, denn wenn sie nicht über­be­zahlt wären, könnten sie sich all die absurd über­höhten Zahlungen nicht mehr leisten, die jetzt erfor­der­lich sind, um das zu leben, was die Menschen meiner Genera­tion (und Rasse und Klasse) als ein normales Leben verstanden. Es sind Kröten bis nach ganz unten, jede kassiert eine Maut und fragt sich, wie sie die nächste Kröte bezahlen soll.

Ich empfehle Ihnen dringend, den gesamten Beitrag zu lesen, insbe­son­dere die Diskus­sion über die Position der Ärzte.

Auch wenn der Aufstieg der Trumpistas nicht allzu viele PMC-Reis­schüs­seln zerschlagen hat (und dem Nach­rich­ten­ge­schäft einen kräftigen Schub gegeben hat), so war er doch eine gewaltige Abfuhr für das meri­to­kra­ti­sche Spiel. Und es war auch eine unver­blümte Erin­ne­rung daran, dass ihr Glaube an die Unver­meid­bar­keit ihrer Herr­schaft keines­wegs eine Selbst­ver­ständ­lich­keit war.

Was ich nicht verstehe, ist, was diese Haßpre­diger glauben, was das Endspiel sein wird. Um es grob auszu­drü­cken: Auch wenn die Juden in Deutsch­land sehr gut ausge­bildet waren und im Großen und Ganzen hoch geschätzte Dienst­leis­tungen erbrachten, machten sie doch nur 1 % der Bevöl­ke­rung aus. Selbst wenn man glaubt, daß sich der Bubba-Haß nur auf die Trump-Loya­listen beschränkt, oder auf das eine Drittel der Trump-Loya­listen, die sich nicht impfen lassen wollen, ist das immer noch ein großer Teil des Landes. Und sie neigen auch stark dazu, Waffen zu besitzen und viel­leicht sogar zu feuern.

Anders formu­liert: Wenn Mark Blyth sagt, daß die Hamptons keine vertei­dig­bare Stellung sind, kann man das auch für das demo­kra­ti­sche Amerika im Allge­meinen sagen. Nehmen wir die Ergeb­nisse von 2016 als Anhalts­punkt, denn Hillary war der reinere und unver­schäm­tere Kandidat der Fach- und Führungs­klasse als Biden:

Wenn es hart auf hart kommt, kann sich die Berufs- und Führungs­klasse nicht auf die Unter­stüt­zung der Polizei verlassen. Schauen Sie sich an, wie die besten Poli­zisten von New York City De Blasio offen kriti­siert haben. Das Militär darf nicht im Inland operieren und würde sich wahr­schein­lich auf dieses Verbot berufen, um zur Seite zu treten. Die Klasse der Fach- und Führungs­kräfte kontrol­liert nicht die Häfen, den Lkw-Verkehr oder den Bahn­be­trieb. Die Anbau­ge­biete in Kali­for­nien sind unter konser­va­tiver Kontrolle. Und so weiter.

Die Mitglieder der berufs­stän­di­schen Klasse sind also zu Recht unsicher, was ihre Autorität und ihren Anspruch auf Legi­ti­mität angeht. Aber autoritär zu werden, wenn sie keine ange­mes­sene Kontrolle über die Versor­gungs­wege und die Durch­set­zungs­me­cha­nismen haben, ist eine äußerst riskante Wette.

Refe­rences

Refe­rences
1 Es ist bemer­kens­wert, daß ich nirgends einen Grund sehe, den ich schon oft aus erster Hand gehört habe: Sie haben Freunde oder Kollegen, die solche Neben­wir­kungen hatten, so daß sie einen oder zwei Tage nicht arbeiten konnten, und das können sie sich nicht leisten.

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