Übersetzung des Artikels von Geert Vanden Bossche vom 2. August 2021 auf TrialSiteNews
Zusammenfassung
Da Sars-CoV‑2 in die hoch anfällige menschliche Bevölkerung eingeführt wurde, hat es sich zunächst schnell und unkontrollierbar verbreitet. Dies erklärt bereits, warum sich Sars-CoV‑2 eher langsam weiterentwickelt hat und in den ersten zehn Monaten der Pandemie (d. h. zwischen Dezember 2019 und Oktober 2020) keine wesentliche Auswahl an Fitneß steigernden Mutationen stattgefunden hat. Mehr infektiöse „besorgniserregende Varianten” (‚variants of concern’, VoCs, d. h. alpha [B.1.1.7], beta [B.1.351], gamma [P.1]) begannen ab Ende 2020 aufzutreten und führten zu einem steilen Anstieg der Fälle weltweit.
Molekularepidemiologen haben beobachtet, daß die Mutationen innerhalb des Sars-CoV-2-Spike-Proteins (S) dieser neuen, infektiöseren Linien an denselben genetischen Stellen konvergieren, ein Phänomen, das mit einer bedeutenden evolutionären Verschiebung in der Landschaft der natürlich ausgewählten Sars-CoV-2-Mutationen zusammenfällt [1]https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33688681/.
Die signifikante konvergente Entwicklung von infektiöseren zirkulierenden Sars-CoV-2-Varianten ist kein neutrales, wirtsunabhängiges Evolutionsphänomen, das lediglich auf eine verstärkte Virusreplikation und ‑übertragung zurückzuführen ist, sondern deutet stark auf eine natürliche Selektion und Anpassung nach einer dramatischen Veränderung der Wirtsumgebung hin, der das Virus ausgesetzt ist [2]https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33688681/ .
Molekularepidemiologen räumen ein, daß die Pandemie derzeit Sars-CoV-2-Varianten entwickelt, die „für uns ein wesentlich größeres Problem darstellen könnten als die uns derzeit bekannten Varianten, da sie beliebige Kombinationen aus erhöhter Übertragbarkeit, veränderter Virulenz und/oder erhöhter Fähigkeit, der Immunität der Bevölkerung zu entgehen, aufweisen könnten”[3]https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33688681/. Dies bedeutet, daß eine auf der Phylogenetik basierende Analyse der natürlichen Selektion der zirkulierenden Sars-CoV-2-Linien stark darauf hindeutet, daß virale Varianten, die gegen Covid-19-Impfstoffe auf Spike-(S)-Basis resistent sind, derzeit immer häufiger auftreten und höchst verdächtig sind, in Zukunft weltweit epidemische Ausbrüche zu verursachen.
Der Einsatz aktueller Covid-19-Impfstoffe in Massenimpfkampagnen in Verbindung mit der anhaltenden weiten Verbreitung von Sars-CoV‑2 kann den immunselektiven Druck auf das Sars-CoV-2-Spike-Protein nur verstärken und damit seine adaptive Evolution zur Umgehung der impfstoffinduzierten humoralen Immunität weiter vorantreiben. In dieser Hinsicht deckt sich die Erwartung einer zunehmenden Zahl von Vaccinologen mit der aktuellen Beobachtung von Genom-Epidemiologen, dass S‑Protein-gesteuerte Immun-Escape-Varianten sich höchstwahrscheinlich weiter ausbreiten und das Auftreten viraler Resistenzen gegen die derzeit eingesetzten und künftigen (so genannten „2. Generation”) Covid-19-Impfstoffe beschleunigen werden.
Um die Zirkulation gefährlicher Virusvarianten in der Bevölkerung zu überwachen und den immunologischen Selektionsdruck durch Massenimpfkampagnen und seine schädlichen Folgen eindeutig nachweisen zu können, ist es dringend erforderlich, repräsentative Virusproben von Geimpften, auch von gesunden oder nur leicht erkrankten Personen, zu nehmen und die Varianten, die sie nach der Exposition gegenüber Sars-CoV‑2 ausscheiden, genetisch zu charakterisieren.
Ein weltweites Massenimpfungsexperiment durchzuführen, ohne die Mechanismen zu verstehen, die der Flucht des Virus vor dem Selektionsdruck durch den Impfstoff zugrunde liegen, ist nicht nur ein kolossaler wissenschaftlicher Fehler, sondern vor allem aus der Sicht der Ethik des Einzelnen und der öffentlichen Gesundheit völlig unverantwortlich.
In Ermangelung von Impfstoffen, die eine sterilisierende Immunität induzieren können, ist eine frühzeitige multiresistente Behandlung, wie sie von Prof. Dr. P. McCullough und anderen vorgeschlagen wurde [4]https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33387997/, zusammen mit einer globalen Chemoprophylaxe mit hochwirksamen antiviralen Medikamenten der Schlüssel zur Rettung von Menschenleben, zur Verringerung der Krankenhauseinweisungen und zur drastischen Verringerung der Übertragung hochinfektiöser oder gegen neutralisierende Antikörper (nAb) resistenter Ausweichvarianten.
Präambel
Derzeit herrscht große Unsicherheit in Bezug auf die Wirksamkeit der Covid-19-Impfstoffe. In der Literatur und in den sozialen Medien kursieren zahlreiche widersprüchliche Berichte. Dies allein ist wahrscheinlich der überzeugendste Beweis dafür, daß sich die Pandemiesituation schnell entwickelt und derzeit in eine Art „Grauzone” übergeht. Eine Pandemie ist in der Regel als ein sehr dynamisches Ereignis anzusehen (bis sie in eine endemische Situation übergeht). Die Entwicklungsdynamik dieser Covid-19-Pandemie wurde jedoch durch menschliches Eingreifen in einer noch nie dagewesenen Weise geprägt. Wir wissen zwar über den Ausgang einer natürlichen Pandemie Bescheid, aber überhaupt nicht über den Ausgang der laufenden Pandemie, da letztere nun zu einer „Variantenpandemie” geworden ist.
Aus den folgenden Ausführungen (die im Wesentlichen eine Zusammenfassung von Erkenntnissen der Molekular- und Genom-Epidemiologen sind, die ich in einen breiteren Kontext stelle) ergibt sich jedoch eine Gewißheit: Die Sars-CoV-2-Varianten entwickeln sich rasch als Reaktion auf den natürlichen Selektionsdruck des Immunsystems, dem sie ausgesetzt sind. Eine auf der Phylogenetik basierende Analyse der natürlichen Selektion deutet darauf hin, daß ein erheblicher Teil des immunologischen Selektionsdrucks, der während dieser Pandemie ausgeübt wird, auf das Sars-CoV‑2 Spike (S)-Protein gerichtet ist, auf das die Impfstoffe abzielen. Auf ihrem Weg zur Anpassung an die Wirtsumgebung mit neutralisierenden Antikörpern (nAbs) nutzen die Varianten ihre evolutionäre Fähigkeit zur Überwindung dieses auf das S‑Protein gerichteten Immundrucks auf Populationsebene weiter aus. Daher wird der Erfolg von Massenimpfkampagnen in einem gegebenen Impfumfeld und Stadium der laufenden Pandemie in hohem Maße von der sich entwickelnden Prävalenz zunehmend problematischer Varianten abhängen. Alternativ dazu können S‑gerichtete Immunmaßnahmen, die in einem bestimmten Impfumfeld und Stadium dieser Pandemie wirksam zu sein scheinen, in einem anderen Impfumfeld oder in einem anderen Stadium der laufenden Pandemie nicht so gut funktionieren.
Die Beobachtung, daß sich die Wirksamkeit von Massenimpfkampagnen, wie sie während einer Pandemie von Varianten der Immunflucht bewertet wird, oft sehr unterschiedlich zwischen Ländern oder Regionen entwickelt, ist daher nicht überraschend. Erst wenn der selektive Immundruck auf Bevölkerungsebene seinen Höhepunkt erreicht, werden die Varianten und damit auch die Auswirkungen dieser Kampagnen weltweit zum gleichen Endpunkt konvergieren, nämlich der „Resistenz” gegen die Impfstoffe. Erst an diesem Endpunkt werden alle Bewertungen der angeblichen „Wirksamkeit” dieses Experiments einhellig und konsistent sein. Wann genau dies der Fall sein wird, ist noch Gegenstand von Spekulationen. Da jedoch der immunologische Selektionsdruck in der Weltbevölkerung jetzt „massiv” ansteigt und sich die Menge der natürlich selektierten, S‑gerichteten Mutationen zusammen mit ihrer Plastizität dramatisch ausweitet, kann man vernünftigerweise davon ausgehen, daß die Ausgabe einer Supervariante, die gegen S‑spezifische Abs resistent ist, so beschleunigt wird, daß sie innerhalb der nächsten Monate auftauchen wird. Wenn die Impfstoffe der zweiten Generation eingeführt werden, wird das Virus nur auf dieser vielseitigen Grundlage zirkulierender Mutationen aufbauen, um den Immundruck, den die wieder geimpfte Bevölkerung weiterhin auf das S‑Protein ausübt, schnell zu umgehen.
„Die wichtigste Frage ist hier nicht, ob diese spezielle „Super-Variante” auftaucht….” [5]https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33688681/
Es ist unglaublich, wie sehr die öffentlichen Gesundheitsbehörden (PHAs) hinterherhinken, wenn es um das Verständnis der evolutionären Kapazität von Sars-CoV‑2 geht. Oder ignorieren die Gesundheitsbehörden und die politischen Entscheidungsträger einfach die von Molekularepidemiologen von Weltrang gemachten Beobachtungen? Wie können sie überhaupt Massenimpfkampagnen rechtfertigen, wenn alle wissenschaftlichen Argumente darauf hindeuten, daß diese Kampagnen die virale Resistenz gegen Covid-19-Impfstoffe höchstwahrscheinlich nur beschleunigen werden? Warum bringen die Wissenschaftler, die all diese Beweise zu PAPIER bringen, sie nicht auf den TISCH? Wie können sie vorhersagen, daß diese Pandemie noch problematischere VoCs hervorbringen wird, und dann schweigen? Warum richten sie nicht ein Forum unabhängiger, sachkundiger Experten ein, das unbestreitbare und einhellig anerkannte Beweise dafür liefert, daß die von der WHO und den nationalen Gesundheitsbehörden vorgetragene Rhetorik wissenschaftlich falsch ist? Ist ihnen nicht klar, daß das Schweigen über die anhaltende katastrophale — aber bisher noch weitgehend verborgene — Entwicklung der Pandemie den Regierungen nur noch mehr Munition für die Ausweitung ihrer Massenimpfkampagnen liefert, um eine möglichst hohe Durchimpfungsrate in der Bevölkerung zu erreichen?
Warum ziehen Molekularepidemiologen einerseits ernsthaft in Erwägung, daß eine Resistenz gegen die Impfstoffe als Folge des rasch ansteigenden S‑gerichteten Immundrucks in der Bevölkerung auftreten könnte, läuten aber andererseits nicht die Alarmglocke? Wie können sie die Auswirkungen neu entstehender viraler Varianten auf die Wirksamkeit von Covid-19-Impfstoffen anerkennen, ohne offen auf die Gefahr hinzuweisen, daß Impfstoffe, die die Virusübertragung nicht blockieren, die evolutionäre Dynamik viraler Varianten weiter beeinflussen?
Wie können sie anerkennen, daß eine auf Antikörpern (Ab) basierende Therapie (z. B. die Verwendung von Rekonvaleszenzplasma und monoklonalen Ab-Behandlungen) bei immungeschwächten, chronisch kranken Patienten die langfristige Virusausscheidung fördert und zur Ausbreitung von Varianten führen kann, die Ab-Fluchtmutationen tragen, während sie die Wahrscheinlichkeit eines ähnlichen Effekts ignorieren, wenn eine Massenimpfung es einer ganzen Bevölkerung ermöglicht, einen immunologischen Selektionsdruck auf dasselbe immundominante Sars-CoV-2-S-Protein auszuüben (d. h., wenn eine große Zahl von Personen geimpft wird, die dem Virus ausgesetzt sind, bevor sie eine vollständige Immunantwort entwickelt haben)?
Es kann nicht sein, daß sie es nicht verstehen, welche katastrophalen Folgen eine virale Resistenz gegen Covid-19-Impfstoffe hätte! Es kann auch nicht sein, daß sie nicht gelernt haben, daß die Kinetik der natürlichen Selektion von Immun-Escape-Mutationen bei Vorhandensein einer natürlich ausgelösten Immunität viel langsamer ist (oder gar nicht existiert, wie im Fall der Influenza-Pandemie von 1918!). Oder ist ihnen nicht klar, daß die Art der Immunisierung nach einer natürlichen Sars-CoV-2-Infektion ganz anders ist als die nach einer prophylaktischen Immunisierung mit S‑basierten Impfstoffen? Es ist schwer vorstellbar, daß sie nicht verstehen, warum unter den Bedingungen einer natürlichen Virusinfektion und ‑übertragung während einer Pandemie die Chancen für frisch infizierte, immunologisch naive oder zuvor infizierte Personen, sich vor dem Hintergrund suboptimaler S‑spezifischer Abwehrstoffe erneut zu infizieren, viel geringer sind als für geimpfte Personen, die Sars-CoV‑2 ausgesetzt sind, obwohl sie nicht mit einem ausreichend hohen Titer vollwertiger S‑spezifischer Abwehrstoffe ausgestattet sind.
Anders gesagt: Wenn Molekularepidemiologen nur erkennen würden, daß der immunologische Selektionsdruck, der durch S‑spezifische Abs ausgeübt wird, während einer natürlichen Pandemie viel seltener auftritt als im Verlauf von Massenimpfkampagnen, würden sie wahrscheinlich zu den am besten plazierten Wissenschaftlern der Welt gehören, um vor der hohen Wahrscheinlichkeit zu warnen, daß dieses Virus als Folge von Massenimpfungen eine Immunevasion entwickelt und schließlich gegen impfspezifische nAbs resistent wird. Auf jeden Fall erkennen sie alle die Notwendigkeit einer sorgfältigen systematischen Überwachung der laufenden evolutionären Immunflucht an, die sich derzeit in einer verstärkten Ausbreitung von Varianten äußert, die Mutationen umfassen, die weiter konvergieren, während sie sich an die zunehmende Immunität der Bevölkerung im Allgemeinen und an S‑spezifische Abs im Besonderen anpassen [6]https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33688681/.
Obwohl Bevölkerungskohorten, die einen selektiven, auf S gerichteten Immundruck ausüben (d. h. jetzt zunehmend aus Geimpften bestehen!), einen Nährboden für S‑assoziierte Immun-Escape-Mutationen bieten, scheinen die Gesundheitsbehörden die Virusausscheidung und genetische Charakterisierung von Virusproben bei gesunden oder nur leicht erkrankten Geimpften nicht mehr zu überwachen. Dies ist natürlich höchst problematisch, da bekannt ist, daß auch asymptomatisch infizierte Geimpfte das Virus ausscheiden und ihnen jetzt mehr Bewegungsfreiheit gewährt wird und sie sich weniger an soziale Distanzierungsmaßnahmen halten. Auf diese Weise sind wir derzeit weitgehend im Unklaren über die tatsächliche Prävalenz und Verbreitung neuer Varianten und die Geschwindigkeit, mit der sie sich in der Bevölkerung ausbreiten. Die Epidemiologen melden sich jedoch nicht zu Wort, um dieser gravierenden Nachlässigkeit im Bereich der öffentlichen Gesundheit ein Ende zu setzen, obwohl sie mit dieser Praxis ganz offensichtlich nicht einverstanden sind: „Da weiterhin antigenisch unterschiedliche Varianten auftauchen, wird es notwendig sein, routinemäßig Serumproben von geimpften Personen und von Personen zu nehmen, die mit zirkulierenden Varianten bekannter Sequenz infiziert wurden”[7]https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34075212/; und weiter: „Die Bestimmung dieser Dynamik und ihres potentiellen Einflusses auf die Wirksamkeit des Impfstoffs wird eine groß angelegte Überwachung der SARS-CoV-2-Evolution und der Wirtsimmunität für eine lange Zeit erfordern” [8]https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33404586/.
In der Zwischenzeit predigen die WHO und ihre beratenden „Experten” immer noch dasselbe Mantra: Je mehr wir impfen, desto weniger kann sich das Virus vermehren und desto geringer ist das Risiko, daß VoCs entstehen und in der Viruspopulation dominieren. Ist es dieses Mantra der Massenimpfung, das die PHAs zu der Schlußfolgerung veranlaßt, daß die Überwachung der Virusausscheidung bei Geimpften obsolet geworden ist? Ihre vereinfachende Interpretation der viralen Übertragungsdynamik würde jedoch nur für die Bedingungen einer neutralen genetischen Drift gelten, wie sie in der frühen Phase einer Pandemie auftreten, d. h. in einer Population immunologisch nicht geprimter empfänglicher Personen, die vor der Übertragung von Wirt zu Wirt keinen signifikanten positiven Selektionsdruck auf das Virus ausüben [9]https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33909660/. In diesem Stadium der Pandemie, in dem bereits eine Vielzahl von Varianten, darunter auch mehrere VoCs, zirkulieren, liegt die eigentliche Sorge der Weltgesundheit jedoch nicht mehr in der Wahrscheinlichkeit des Auftauchens einer weiteren problematischen Variante, sondern vielmehr in dem anhaltenden Selektionsdruck auf Bevölkerungsebene, der nun dazu führt, daß bestimmte besorgniserregende Mutationen immer häufiger auftreten. Die Ignorierung der positiven Selektionssignale, die jetzt zunehmend innerhalb der nAb-bindenden S‑Domänen beobachtet werden, führt unweigerlich zu einer Unterschätzung des evolutionären Potentials von Sars-CoV‑2, diesen nAbs zu entkommen [10]https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33909660/. Anstatt jedoch die Bedingungen zu untersuchen, die diesem starken positiven Selektionsdruck zugrunde liegen, setzen die PHAs alles daran, den Menschen weiszumachen, daß Massenimpfungen die Übertragung dieser Varianten stoppen, zu einer Herdenimmunität führen und somit die Covid-19-Pandemie aufhalten werden. Derzeit gibt es kein einziges wissenschaftliches Argument oder eine Begründung für diese Behauptungen. Im Gegenteil, zahlreiche Berichte über Durchbruchsinfektionen bei Geimpften zeigen deutlich, daß diejenigen, die nicht gegen Sars-CoV‑2 geimpft wurden, durch die Geimpften nur indirekt geschützt sind [11]https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2021.05.23.21257679v1,[12]https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2021.05.23.21257668v2. Das Mantra, daß Massenimpfungen zumindest zur Eindämmung der Pandemie beitragen werden, ist mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen der Molekularepidemiologen völlig unvereinbar. Während die auf der Phylogenetik basierende Analyse der natürlichen Selektion eine bewährte Methode zur Untersuchung der evolutionären Anpassung an den erhöhten Immundruck des Wirts ist, scheinen die PHAs nicht von den Daten beeindruckt zu sein, die stark auf einen immunologischen Selektionsdruck infolge menschlicher Interventionen gegen das Sars-CoV-2-Spike-Protein hinweisen. Die Ergebnisse dieser Analyse deuten darauf hin, daß, sobald ein bestimmter Schwellenwert des Infektionsdrucks erreicht ist, eine ausreichende Anzahl von Probanden dominante Mutanten beherbergen wird, die sich dann in der gesamten Population ausbreiten könnten, sofern ein erheblicher Teil der Population einen positiven Immunselektionsdruck ausübt [13]https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33688681/.
Einige VoCs wurden bereits beobachtet, bevor Massenimpfkampagnen eingeleitet wurden. Da sie sich in der Bevölkerung effektiver vermehren, werden diese antigenisch unterschiedlichen Varianten als „infektiösere Varianten” bezeichnet. Um sich an den erhöhten Druck anzupassen, der durch die zunehmende Immunität der Bevölkerung ausgeübt wird, weisen die Varianten nun zunehmend zusätzliche Mutationen auf, die an spezifischen Stellen innerhalb der rezeptorbindenden Domäne (RBD) des Virus konvergieren und eine Resistenz gegen mehrere S‑gerichtete Abs verleihen[14]https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33688681/. Die fortlaufende konvergente Evolution von Immun-Escape-Mutationen kann mit Fitnesskosten für neue Varianten einhergehen, solange der Beitrag der Population, die den selektiven Immundruck ausübt, nicht hoch genug ist, um ihre verstärkte Ausbreitung in der Wirtspopulation zu ermöglichen. Es ist jedoch wichtig zu beachten, daß mehrere unterschiedliche Punktmutationen jeweils eine Vielzahl neutralisierender Abs umgehen können[15]https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33909660/. Dies würde bereits erklären, warum nur sehr wenige Mutationen (z. B. innerhalb der RBD) bereits zu einer vollständigen Resistenz gegen Impf-Abs führen können. Im gegenwärtigen Stadium der Pandemie sind Mutationen im S‑Protein, die sich auf neutralisierende Abs auswirken, bereits in signifikanter Häufigkeit in der globalen Viruspopulation vorhanden, und es häufen sich die Hinweise auf sich ausbreitende Varianten, die ein immer höheres Maß an Resistenz gegen impfspezifische S‑Abs aufweisen[16]https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34075212/. Mit anderen Worten: Es wird immer deutlicher, daß sich die Varianten von Sars-CoV‑2, die dem Immunsystem entkommen, an die zunehmende Immunität der Bevölkerung anpassen und ihre Übertragbarkeit durch den schrittweisen Erwerb neuer Mutationen verbessern (wie z. B. die jüngste Ausbreitung der Delta-„Plus”-Variante in mehreren Ländern zeigt). All dies erklärt bereits, warum sich der von der WHO und anderen Gesundheitsbehörden oder beratenden Experten verkündete „Erfolg” lediglich auf kurzfristige Bewertungen der Morbiditäts‑, Hospitalisierungs- und Mortalitätsraten bezieht. Die von Molekular- und Genomepidemiologen veröffentlichten Daten, die die laufende Anpassung von Sars-CoV‑2 an die sich entwickelnden Selektionskräfte des Immunsystems analysieren, die bei dieser Pandemie von Sars-CoV-2-Varianten im Spiel sind, scheinen jedoch darauf hinzudeuten, daß der „Erfolg” der derzeitigen Bemühungen im Bereich der öffentlichen Gesundheit nicht mehr lange anhalten wird. Dies liegt daran, daß die PHAs und ihre beratenden Experten zu ignorieren scheinen, daß Massenimpfkampagnen, die während einer Pandemie von Varianten durchgeführt werden, die Zahl der aktiven Infektionen nicht auf ein Niveau senken können, das niedrig genug ist, um die natürliche Selektion von Immun-Escape-Mutanten (d. h. auch von Doppel- oder Dreifachmutanten!) zu verhindern und deren Anpassung an einen stetig steigenden Immunselektionsdruck auf Bevölkerungsebene einzuschränken, unabhängig von der Geschwindigkeit, mit der diese Kampagnen durchgeführt werden. Ihr Mantra, daß die Beschleunigung von Massenimpfkampagnen das Virus daran hindern wird, Varianten zu entwickeln, die der impfinduzierten Immunität entgehen, ist daher schlichtweg falsch. Da alle aktuellen Covid-19-Impfstoffe, die in diesem Massenimpfprogramm eingesetzt werden, dazu beitragen werden, den immunologischen Selektionsdruck zu erhöhen, und schließlich Varianten, die sich dem S‑spezifischen Abs entziehen können, einen Fitnessvorteil in der Population verschaffen (die zunehmend aus Impflingen besteht!), ist weder eine Herdenimmunität noch eine Ausrottung denkbar.
Zusammenfassend kann gesagt werden: Die laufenden pharmazeutischen (Massenimpfungen) und nicht-pharmazeutischen Interventionen können die Ausbreitung infektiöserer Varianten (die bereits vor Beginn der Massenimpfkampagnen selektiert wurden, vermutlich als Ergebnis der weit verbreiteten Umsetzung strenger Maßnahmen zur Infektionsprävention) oder Varianten mit einer oder mehreren RBD-assoziierten nAb-resistenten Mutationen nicht verhindern. Im Gegenteil, alle Erkenntnisse aus der Molekularepidemiologie deuten darauf hin, daß die anhaltende Verschiebung der natürlichen Selektionskräfte, die von der Bevölkerung auf Sars-CoV-2-Mutationen ausgeübt werden, lediglich die Selektion und Ausbreitung problematischerer Varianten beschleunigen wird. Es besteht kein Zweifel daran, daß die steigende Durchimpfungsrate in der Weltbevölkerung die evolutionäre Fähigkeit von Sars-CoV‑2 weiter ausnutzen wird, sich an einen immer höheren S‑gerichteten Immunselektionsdruck anzupassen, bis eine vollständige Impfstoffresistenz erreicht ist.
Es gibt inzwischen überzeugende Belege dafür, daß sich konvergente Mutationen, die im Zusammenhang mit VoCs entstanden sind, als Reaktion auf das sich verändernde Immunprofil der Bevölkerung entwickelt haben. Es wurde postuliert, daß die konvergente Evolution von Mutationen in erster Linie bei zuvor infizierten Personen oder als Folge chronischer Infektionen stattfindet[17]Kemp, S. A. et al. SARS- CoV‑2 evolution during treatment of chronic infection.
Nature https://doi.org/ (2021).[18]Choi, B. et al. Persistence and evolution of SARS- CoV‑2 in an immunocompromised host.
N. Eng. J. Med. 383, 2291–2293 (2020).[19]Avanzato, V. A. et al. Case study: prolonged infectious SARS- CoV‑2 shedding from an asymptomatic immunocompromised individual with cancer.
Cell 183, 1901–1912 e1909 (2020).[20]Naveca, F. et al. SARS- CoV‑2 Reinfection by the New Variant of Concern (VOC) P.1 in Amazonas, Brazil.https://virological.org/t/Sars- cov-2-reinfection- bythe-new-variant- of-concern– … Continue reading[21]Nonaka, C. K. V. et al. Genomic Evidence of a SARSCov‑2 Reinfection Case with E484K Spike Mutation in Brazil.
https://www.preprints.org/manuscript/202101.0132/v1 (2021)[22]Rambaut A. et al. Preliminary genomic characterization of an emergent SARS-CoV‑2 lineage in the UK defined by a novel set of spike mutations.SARS-CoV‑2 coronavirus/nCoV-2019 Genomic … Continue reading). Geimpfte Menschen sind jedoch weitaus anfälliger für die Vermehrung viraler Immun-Escape-Varianten als nicht geimpfte, natürlich infizierte Personen. Warum ist das so?
Bei immunologisch nicht geprimten Personen tritt der Höhepunkt der Virusreplikation und ‑ausscheidung lange vor dem Auftreten von Wirtsabwehrreaktionen auf. Dies deutet bereits darauf hin, daß die Immunreaktion des Wirts bei nicht geimpften, S‑Sero-negativen Personen (d. h. auch bei zuvor asymptomatisch infizierten Personen, die ihre kurzlebigen S‑spezifischen Abs verloren haben) keinen signifikanten Immundruck auf das Virus ausübt. Andererseits haben die meisten Länder mit ihren Impfkampagnen begonnen, bevor ein wesentlicher Teil der Bevölkerung durch eine natürliche Infektion immun wurde. Daher liegt die Vermutung nahe, daß nicht die natürliche Infektion oder Übertragung, sondern der weit verbreitete Einsatz von Impfstoffen nun die Hauptursache für den evolutionären Selektionsdruck auf die virale Ausbreitung ist. Dies würde bereits darauf hindeuten, daß sich Varianten, die der Immunität entgehen, jetzt in vielen Teilen der Welt schnell ausbreiten. Es kann davon ausgegangen werden, daß mit der zunehmenden Verbreitung von impfstoffspezifischen Abs in der Weltbevölkerung auch die Rate der evolutionären Immunevasion vor dem durch S verursachten humoralen Immundruck steigt. Das häufige Auftreten eines suboptimalen immunologischen Selektionsdrucks, der von virus-exponierten Impflingen auf das Sars-CoV-2-Spike-Protein ausgeübt wird, verschafft Varianten, die in der Lage sind, S‑spezifischen impfspezifischen Abs zu entgehen, einen selektiven Übertragungsvorteil. Wie bereits in früheren Beiträgen von mir erwähnt, tritt ein suboptimaler, auf S gerichteter Immundruck bei asymptomatisch infizierten Impflingen auf, die sich noch im Prozeß des Aufbaus von Ab-Reaktionen befinden oder unreife S‑spezifische Abs besitzen (z. B. zwischen der ersten und zweiten Injektion eines 2‑Schuss-Impfstoffs) oder deren Impf-Abs einen niedrigen Titer haben und/oder aufgrund eines geschwächten Gesundheitszustands nicht voll funktionsfähig sind.
Wodurch wird die Zeit bestimmt, die Sars-CoV‑2 benötigt, um auf Populationsebene gegen Impf-Abs zu widerstehen?
Es ist davon auszugehen, daß der Selektionsdruck des Immunsystems, der vor dem Hintergrund zuvor ausgewählter Mutationen, die eine erhöhte virale Infektiosität ermöglichen, ausgeübt wird, die natürliche Selektion neuer Mutationen, die nAb entgehen, beschleunigt. Die Verbreitung infektiöserer viraler Varianten wird daher wahrscheinlich die konvergente Evolution zusätzlicher Mutationen beschleunigen, einschließlich solcher, die eine virale Resistenz gegen die von den Impfstoffen ausgelöste S‑gerichtete Ab-vermittelte Immunität ermöglichen.
Als Faustregel kann man sagen, daß die Zeit bis zur Entwicklung einer Impfstoffresistenz auf Bevölkerungsebene von folgenden Faktoren abhängt:
- Die Übertragung oder der Fitnessvorteil der nAb-resistenten Variante[23]https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33909660/. Dieser Faktor ist sowohl vom Ausmaß des Selektionsdrucks auf Populationsebene als auch von den intrinsischen evolutionären Fitnesskosten abhängig. Je höher der relative Prozentsatz der Individuen mit nAbs gegen ein bestimmtes Epitop ist (d. h. je mehr ein bestimmtes Epitop anvisiert wird) und je niedriger die intrinsischen evolutionären Fitnesskosten sind (d. h. je effektiver die „infektiöse” Funktion des mutierten Epitops ist), desto höher ist der Übertragungsvorteil der nAb-resistenten Variante und desto schneller wird das mutierte Epitop eine Resistenz gegen nAbs entwickeln, die es anvisieren. Im Falle von Impfstoffen erfordert die Resistenz jedoch eine Kombination aus mehreren RBD-gerichteten Mutationen. Dies führt derzeit in mehreren Ländern zu einer schleichenden Ruhephase der Pandemie, da das Virus mehr Zeit benötigt, um eine Kombination mehrerer Mutationen zu erwerben, um trotz des weit verbreiteten immunologischen Selektionsdrucks die impfstoffinduzierte Immunität zu überwinden (so genannte „fitness valley-crossing time”; [24]https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33909660/). Eine vollständige Resistenz gegen die Impfstoffe kann nur über Zwischenschritte entstehen, bei denen sich Varianten, die dem Immunsystem entkommen, allmählich entwickeln, um zusätzliche Mutationen einzubauen, die erforderlich sind, um schließlich eine vollständige Resistenz gegen den Impfstoff zu erreichen. Solange die erworbene Untergruppe von Mutationen nicht ausreicht, um dem durch den Impfstoff induzierten Immundruck auf Populationsebene zu entgehen, sind die Gesamtübertragungs- oder Fitnesskosten der Immun-Escape-Mutationen höher als der Gesamtübertragungs- oder Fitnessvorteil, der durch den Selektionsdruck entsteht, der durch die zunehmende Prävalenz von nAbs in der Population ausgeübt wird.
- Die Mutationsrate[25]https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33909660/. Dieser Faktor hängt sowohl vom infektiösen viralen Druck als auch von der intrinsischen Mutationsfähigkeit des Virus ab. Je höher die Mutationsrate ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, daß eine kombinatorische Untergruppe von Mutationen auftritt, die für eine vollständige Resistenz gegen den Impfstoff erforderlich ist. Virusvarianten können sogar Mutationen außerhalb des S‑Proteins beherbergen, die der natürlichen Selektion unterliegen und dadurch eine erhöhte Mutationsrate bewirken[26]Duffy S. Why are RNA virus mutation rates so damn high?
PLoS Biol. (2018)
https://doi.org/10.1371/.
Intermediäre Immun-Escape-Varianten (d. h. Varianten, die nur eine Teilmenge der für die nAb-Escape erforderlichen Mutationen aufweisen) sind durch ein niedrigeres Fitnessniveau gekennzeichnet. Schnelle Massenimpfkampagnen, die vor dem Hintergrund eines relativ hohen Infektionsdrucks durchgeführt werden, werden jedoch einen relativ starken immunologischen Selektionsdruck auf Populationsebene auslösen (da die Durchimpfungsraten recht schnell ansteigen). All dies wird die Evolution von intermediären Varianten mit geringerer Fitness zu nAb-resistenten Varianten beschleunigen (z. B. der Fall Chile). Wird dagegen ein Massenimpfprogramm vor dem Hintergrund eines geringen Infektionsdrucks eingeleitet, ist die Übertragung von intermediären Varianten mit geringerer Fitness gering, und es dauert länger, bis sich nAb-resistente Mutanten in der Population etablieren (z. B. im Fall Israel). Dies hat bestimmte „Experten” und politische Entscheidungsträger dazu veranlaßt, ihre Schlußfolgerungen über den Erfolg von Massenimpfkampagnen zu überstürzen, indem sie vorgeben, daß die Pandemie zunehmend unter Kontrolle gerät!
Es ist zu erwarten, daß das weit verbreitete Vorhandensein von vollwertigen, S‑spezifischen Impf-Abs schließlich dazu führen wird, daß die impfstoffresistenten Varianten in der Viruspopulation dominieren und sich weiter ausbreiten. Das heißt, daß die laufenden Massenimpfkampagnen unweigerlich zu einer vollständigen Resistenz von Sars-CoV‑2 gegen alle S‑spezifischen Covid-19-Impfstoffe führen werden und daher mit hoher Wahrscheinlichkeit eine beeindruckende Infektions- und Krankheitswelle bei den Geimpften auslösen werden, insbesondere bei denjenigen, die zuvor noch nicht an Covid-19 erkrankt waren.
Die Erkenntnis, daß die fortlaufende konvergente Evolution neuer Varianten durch natürlichen Selektionsdruck angetrieben wird, reicht aus, um zu dem Schluss zu kommen, daß Massenimpfkampagnen, die in der Hitze einer Pandemie durchgeführt werden, nun die Ausbreitung von Immun-Escape-Varianten fördern, gegen welche die Impfstoffe schließlich nicht mehr schützen können.
Während globale und strenge Maßnahmen zur Eindämmung der Infektion möglicherweise zu einer Selektion infektiöserer Varianten auf Populationsebene geführt haben, dürfte die zunehmende Durchimpfungsrate nun die Selektion von viralen Mutanten auf Populationsebene fördern, die den nAb entgehen. Virale VoCs, die spontan als Ergebnis der viralen Replikation entstehen, können nicht plötzlich beginnen, Linien zu verdrängen, die in mehreren Ländern zirkulieren, es sei denn, sie hätten einen Wettbewerbsvorteil. Einen solchen Vorteil können sie nur erlangen, wenn sich die Umweltbedingungen, denen sie ausgesetzt sind, in einer Weise ändern, die ihnen einen Übertragungsvorteil gegenüber dem Wildtyp-Virus oder zuvor zirkulierenden Stämmen/Varianten verschafft. Da einige Mutationen das Virus mit einer erhöhten intrinsischen viralen Infektiosität ausstatten, werden virale Varianten mit solchen Mutationen natürlich selektiert, wenn veränderte Bedingungen in der Wirtsumgebung Druck auf die virale Infektiosität ausüben. Auf diese Weise kann die Vermehrung und das Überleben des Virus gesichert werden. Wenn der Selektionsdruck auf die virale Infektiosität in der Population weit verbreitet ist, erlangen infektiösere Varianten schnell einen Fitnessvorteil und breiten sich in der Population rasch aus. Die Dominanz solcher neuer viraler Varianten ist daher ein Indiz für die natürliche Selektion eines Virus, das auf Populationsebene besser übertragbar ist. Je stärker sich jedoch die für die Immunflucht erforderliche Mutationskombination auf die virale Fitness auswirkt, desto länger dauert es, bis die Immunfluchtvarianten einen ausreichend hohen Infektionsdruck in der Population erreichen, oder desto mehr immunologischer Selektionsdruck muß von der Wirtsumgebung ausgeübt werden, um die entstehenden evolutionären Fitnesskosten zu kompensieren (siehe oben). Aus der gleichen Überlegung heraus kann man schließen, daß infektiösere oder nAb-resistente Varianten nach ihrer Einführung in Ländern, in denen die Massenimpfung bereits weit fortgeschritten ist, an Verbreitung gewinnen werden. Diese Varianten sind in der Tat gut an den weit verbreiteten immunologischen Selektionsdruck angepaßt, der durch die Massenimpfungen in der Bevölkerung entstanden ist. Dank eines ausgezeichneten Nährbodens werden sich diese Varianten nun effektiver vermehren als die zuvor zirkulierenden Stämme.
Man kann davon ausgehen, daß sich die Varianten umso leichter an die Immunumgebung anpassen, der sie ausgesetzt sind, und schließlich eine Resistenz gegen die Impfstoffe entwickeln, je weiter sie sich in der Wirtspopulation ausbreiten, je mehr vollwertige, S‑spezifische Impf-Abs vorhanden sind. Daraus ist zu schließen, daß die laufenden Massenimpfkampagnen unweigerlich zu einer vollständigen Resistenz von Sars-CoV‑2 gegen alle gegen S gerichteten Covid-19-Impfstoffe führen werden. Dies wird höchstwahrscheinlich zu einem raschen Wiederauftreten von Sars-CoV-2-Infektionen und ‑Krankheiten führen, insbesondere bei Geimpften. Wie bereits erwähnt, ist zu erwarten, daß schwere Krankheitsfälle häufiger bei Geimpften auftreten, die zuvor nicht an Covid-19 erkrankt waren.
Wie können menschliches Verhalten oder Maßnahmen zur Infektionsprävention die Ausbreitung von Mutationen im Sars-CoV-2-Spike-Protein fördern?
Die natürliche Wirtsumgebung von Sars-CoV‑2 kann verschiedene Barrieren schaffen, die sich auf die Übertragbarkeit und das Überleben des Virus auswirken. Die Durchführung von Maßnahmen zur Infektionsprävention oder Überbelegung sind Beispiele für Situationen, die die Ausbreitung des Virus gefährden. Da die Infektiosität von Sars-CoV‑2 stark von den physikalisch-chemischen Eigenschaften seines Spike-Proteins bestimmt wird, üben die oben genannten Hindernisse einen Selektionsdruck auf die Bindungsaffinität des Sars-CoV-2-S-Proteins aus und tragen somit zur natürlichen Selektion von Mutationen bei, die eine stärkere Bindung des S‑Proteins an den Ace-2-Rezeptor permissiver Zellen ermöglichen. Es hat sich gezeigt, daß sich virale Varianten unabhängig voneinander entwickeln, um sich an solche Umweltbedingungen anzupassen, indem sie mehrere einzigartige und auch konvergente Mutationen erwerben[27]https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33688681/. Die konvergente Evolution von Mutationen in S‑assoziierten, immunologisch relevanten Genen ist ein Beweis für die natürliche Selektion und zeigt die evolutionäre Fähigkeit von Sars-CoV‑2, sich an den S‑gerichteten Selektionsdruck anzupassen.
Renommierte Experten auf dem Gebiet der molekularen Epidemiologie stellen nun zunehmend fest, daß das Auftreten und die fortlaufende konvergente Evolution von Sars-CoV-2-Varianten mit einer bedeutenden globalen Verschiebung in der Sars-CoV-2-Selektionslandschaft zusammenfällt[28]https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33688681/. Da diese laufende Verschiebung auch mit weltweit durchgeführten Massenimpfkampagnen zusammenfällt, stellt sich die Frage, ob diese laufenden Kampagnen das Potential haben, die Konvergenz zwischen den sich entwickelnden Varianten zu fördern. Dies läuft auf die folgende Frage hinaus:
Ermöglichen Massenimpfungen mit den derzeitigen Covid-19-Impfstoffen, daß Populationen einen S‑gerichteten Immunselektionsdruck ausüben?
Dies ist in der Tat eine wichtige Frage: Wenn Massenimpfungen die geimpfte Bevölkerung in die Lage versetzen, einen auf S gerichteten immunologischen Selektionsdruck auszuüben, sollte die Wahrscheinlichkeit, daß die derzeitigen Covid-19-Impfstoffe in der Lage sein werden, die Pandemie unter Kontrolle zu bringen, ernsthaft in Frage gestellt werden, denn es wurde bereits gezeigt, daß die adaptive Evolution von Sars-CoV-2-Varianten mit epidemischen Ausbrüchen in mehreren Teilen der Welt zusammenfällt. Wie bereits erwähnt, stammen die meisten — wenn nicht sogar alle — der oben genannten Beweise direkt aus der umfassenden Forschung von international anerkannten Molekularepidemiologen. Diese Forscher räumen ein, daß die zunehmende Immunität der Bevölkerung und die Maßnahmen des öffentlichen Gesundheitswesens die Kontrolle der Pandemie aufgrund ihrer positiven Selektionswirkung auf Varianten, die dem Immunsystem entkommen, erschweren könnten [29]https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33688681/. Sie stellen jedoch keine Hypothese zu den Ursachen der zunehmenden Immunität auf, die zu einem Übertragungsvorteil für S‑gerichtete Immun-Escape-Mutanten führt, außer durch chronisch kranke Personen, die aufgrund einer unzureichenden Immunkontrolle eine verlängerte virale Replikation aufweisen. Dies ist wahrscheinlich ein Bereich, in dem Molekularepidemiologen mit Immunologen zusammenarbeiten sollten, um beispielsweise zu verstehen, daß während einer Pandemie zuvor asymptomatisch infizierte Personen zu einem Zeitpunkt re-infiziert werden können, zu dem ihre angeborenen CoV-unspezifischen Abwehrstoffe noch durch suboptimale S‑spezifische Abwehrstoffe unterdrückt werden (die sie als Folge der früheren asymptomatischen Infektion erworben haben). Noch wichtiger ist, daß es für Molekularepidemiologen nützlich sein könnte, von Impfstoffexperten zu lernen, da ein besseres Verständnis des Immunprimings durch Impfstoffe im Vergleich zu einer natürlichen Infektion eine gezieltere Überwachung viraler Mutationen und Varianten ermöglichen könnte. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, daß sie verstehen, daß Massenimpfungen in der Hitze einer Pandemie viel mehr als natürliche Infektionen bei immunsupprimierten Personen eine Vielzahl von Bedingungen bieten, unter denen sich Personen infizieren können, die nur suboptimale, S‑spezifische Antikörper besitzen. Eine suboptimale Stimulierung der S‑spezifischen Antikörper könnte auf individuelle Unzulänglichkeiten in der immunologischen Reaktion auf den Impfstoff zurückzuführen sein, tritt aber unweigerlich bei allen Geimpften auf, solange sie ihre Antikörperreaktion noch nicht aufgebaut haben. Besonders problematisch ist dies bei Geimpften, die noch nicht die zweite Impfung eines Covid-19-Zweidosenimpfstoffs erhalten haben. Bei diesen Geimpften wird die S‑spezifische Antikörperreaktion nach der ersten Dosis nicht ausreichen, um die Replikation und Übertragung infektiöserer Virusvarianten zu kontrollieren. Darüber hinaus ist die Exposition von Geimpften gegenüber antigenisch unterschiedlichen Varianten ebenfalls als ein Fall von suboptimalen S‑spezifischen Abs zu betrachten und würde bereits erklären, warum zunehmend problematische Varianten (z. B. VoCs oder andere problematische Immun-Escape-Varianten mit Deletionen in der N‑terminalen Domäne des S‑Proteins) bei Impfstoff-Durchbruchsinfektionen überrepräsentiert sind[30]https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2021.05.23.21257679v1[31]https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2021.05.23.21257668v2. Alle oben genannten Situationen ermöglichen es einem wachsenden Teil der Bevölkerung (Geimpfte!), einen selektiven Immundruck auf das S‑Protein auszuüben, wenn sie Sars-CoV‑2 ausgesetzt sind (was während einer Pandemie alles andere als ein seltenes Ereignis ist!). Leider wird die Ausscheidung antigener Sars-CoV-2-Varianten bei den Geimpften nicht systematisch überwacht, so daß nur wenige Informationen über die Art der von ihnen ausgeschiedenen Varianten vorliegen, die effektive Reproduktionszahl unterschätzt wird und das evolutionäre Potential des Virus, sich dem S‑spezifischen Ab zu entziehen, noch nicht ausreichend erforscht ist. Infolgedessen sind die Berichte über die relative Verteilung der Varianten wahrscheinlich zu Gunsten weniger problematischer Varianten verzerrt, da diese bei gefährdeten Personen immer noch einen Fitnessvorteil haben können, verglichen mit Varianten, die eine Kombination von nAb-resistenten Mutationen umfassen.
Da bekannt ist, daß einige Quellen des Selektionsdrucks auf Populationsebene durch den Menschen beeinflußt werden können, besteht ein dringender Bedarf an einer systematischen genomischen Sequenzierung der zirkulierenden Varianten bei Geimpften, da dies uns eindeutige Klarheit darüber verschaffen würde, ob Massenimpfkampagnen eine Population in die Lage versetzen, immunvermittelten Selektionsdruck auf kritische funktionelle Merkmale von Sars-CoV‑2 wie Virulenz, Übertragbarkeit und nAb-Resistenz auszuüben.
Warum werden Massenimpfkampagnen, die inmitten dieser Pandemie durchgeführt werden, unabhängig von der Geschwindigkeit, mit der diese Kampagnen voranschreiten, unweigerlich zu einer viralen Immunflucht auf Populationsebene führen?
Es ist erwiesen, daß die für eine natürliche Selektion erforderliche Schwellenzahl von Individuen weit unter der Schwellenzahl liegt, die für eine neutrale genetische Drift erforderlich ist, um evolutionäre Veränderungen in der Sars-CoV-2-Landschaft zu bewirken[32]https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33909660/. Aber auch mathematische Modellrechnungen haben bereits gezeigt, daß eine prophylaktische nAb-Behandlung (einschließlich Impfung) eines relativ geringen Prozentsatzes der Bevölkerung bereits ausreicht, um eine Immun-Escape-Mutante, welche die neutralisierende Ab-Kapazität mit einem erheblichen Übertragungsvorteil im Vergleich zum Wildvirus beeinflußt, hervorzubringen [33]https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33909660/ . Darüber hinaus sind Personen, die an Massenimpfkampagnen während einer Pandemie teilnehmen, häufig einer Umgebung mit relativ hohem Infektionsdruck ausgesetzt. Dies erhöht die Wahrscheinlichkeit, daß die Geimpften eine dominante Doppel- oder sogar Dreifachmutante beherbergen, die in der Lage ist, einer Vielzahl von nAbs zu entgehen, und daher wahrscheinlich als Quelle für eine Resistenz von Sars-CoV‑2 gegen Covid-19-Impfstoffe auf Bevölkerungsebene dient.
Aus wissenschaftlicher Sicht ist es unvorstellbar, daß die laufenden groß angelegten Impfkampagnen nicht dazu führen, daß schnell und weltweit impfstoffresistente Mutanten gezüchtet werden, anstatt eine vom Impfstoff vermittelte Herdenimmunität aufzubauen. Seit Anfang März 2021 habe ich daher mehrfach vor dem raschen Wiederanstieg der Morbiditäts- und Mortalitätsraten von Sars-CoV‑2 gewarnt, den diese Entwicklung mit hoher Wahrscheinlichkeit insbesondere bei Geimpften verursachen wird. Ich habe daher wiederholt an die PHAs weltweit appelliert, alle Massenimpfkampagnen sofort einzustellen. Bereits 2004 haben Wissenschaftler veröffentlicht, daß eine starke virale Replikation (d. h. ein starker Infektionsdruck) in Verbindung mit einer starken Immunselektion die Übertragung immunologisch selektierter Virusvarianten begünstigt[34]https://science.sciencemag.org/content/303/5656/327.long.
Werden die Folgen der viralen Resistenz gegen Covid-19-Impfstoffe auch nicht geimpfte Personen betreffen?
Die Resistenz gegen Covid-19-Impfstoffe wird lediglich den Infektionsdruck erhöhen und damit die Wahrscheinlichkeit erhöhen, daß nicht geimpfte Personen an Covid-19 erkranken. Andererseits könnten nicht funktionierende Impf-Abs bei Geimpften zu einer Ab-abhängigen Verstärkung (ADE) der Covid-19-Erkrankung führen (2, 25). ADE verkürzt wahrscheinlich die präsymptomatische Phase der Covid-19-Krankheit, und die Virusausscheidung könnte leichter und schneller eingedämmt werden. Eine rechtzeitige Eindämmung der Virusübertragung würde dazu beitragen, die Exposition nicht geimpfter Personen gegenüber einem hohen Infektionsdruck zu verringern. Bei ungehinderter Funktionalität ihrer CoV-unspezifischen angeborenen Abwehrkräfte würde der verringerte Infektionsdruck ungeimpfte Personen wahrscheinlich vor einer Ansteckung mit der Covid-19-Krankheit schützen. Es ist ungewiß, ob nicht geimpfte Personen, die infolge einer natürlichen Infektion S‑spezifische nAbs erworben haben, anfällig für ADE werden könnten, wenn sie dem impfstoffresistenten Sars-CoV‑2 ausgesetzt sind. Das Risiko könnte so lange bestehen, wie die Konzentration dieser nAbs in ihrem Blut hoch genug ist, um angeborene, CoV-unspezifische Abs an der Eintrittspforte des Virus zu verdrängen. Es ist jedoch wahrscheinlich, daß sowohl geimpfte als auch nicht geimpfte Personen, die zuvor an Covid-19 erkrankt waren, bei einer erneuten Exposition besser vor einer schweren Erkrankung geschützt sind, da die schützenden, zytotoxischen T‑Zellen aktiviert werden.
Durch Impfstoff ausgelöste S‑spezifische T‑Zell-Reaktionen gegen Varianten bleiben weitgehend erhalten und sollen eine robuste Impfstoffwirksamkeit gegen Varianten ermöglichen, wenn die neutralisierende Wirkung von durch Impfstoff ausgelösten Abs keinen ausreichenden Schutz bietet[35]https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34107529/. Könnte eine impfstoffinduzierte T‑Zell-Immunität daher die Prävalenz viraler Varianten verringern und das Wiederauftreten von Morbiditäts- und Mortalitätswellen abmildern?
Einige Veröffentlichungen deuten darauf hin, daß eine größere Breite der S‑spezifischen T‑Zell-Antworten bei geimpften im Vergleich zu nicht geimpften Personen die unzureichende Neutralisierungskapazität der S‑spezifischen Impf-Abs gegen eine Reihe neuer, infektiöserer Varianten ausgleichen könnte. Dies würde es den Impfstoffen ermöglichen, eine robuste Schutzwirkung gegen neu auftretende Varianten zu erzielen. Es ist jedoch unwahrscheinlich, daß weitgehend erhalten gebliebene T‑Zell-Antworten gegen Varianten die S‑spezifische Abtötung von virusinfizierten Zellen übernehmen. Dies liegt daran, daß die Abtötung durch zytolytische CD8+ T‑Zellen (CTLs) bekanntermaßen genetisch durch schützende MHC-Klasse-I-Allele bestimmt wird. Es wurden keine Hinweise auf vielseitige oder universelle, von Sars-CoV‑2 S abgeleitete CTL-Epitope gemeldet. Die Robustheit der schützenden Wirksamkeit des Impfstoffs gegen Varianten in einer genetisch heterogenen Wirtspopulation kann daher nicht durch die CTL-vermittelte Abtötung erklärt werden, da letztere auf MHC-Klasse I beschränkt ist, selbst wenn die von S abgeleiteten CD8+ T‑Zellen-Epitope konserviert sind. Die Robustheit der schützenden Impfstoffwirksamkeit gegen mehrere Varianten ist höchstwahrscheinlich auf angeborene, zytokinvermittelte Immunkaskaden zurückzuführen, die größtenteils durch polyfunktionale, weitgehend erhaltene Gedächtnis-T-Zellen ausgelöst werden. Diese zytokinvermittelten Reaktionen wirken wahrscheinlich synergistisch mit nAbs, um die Viruslast weiter zu reduzieren (und damit die Wahrscheinlichkeit einer [schweren] Erkrankung zu verringern), können aber die Virusübertragung nicht aufheben oder die Ausbreitung der viralen Varianten eindämmen. Dies liegt daran, daß nicht-antigenspezifische angeborene Immunantworten nicht auf Sars-CoV-2-infizierte Zellen abzielen und diese eliminieren können. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, daß die durch den Impfstoff ausgelösten S‑spezifischen T‑Zell-Reaktionen dazu beitragen, daß sich das Virus den Mechanismen des angeborenen Immunsystems entzieht, wenn sie im Rahmen von groß angelegten Impfkampagnen während einer Pandemie ausgelöst werden. Die Mechanismen zur Umgehung des angeborenen Immunsystems sind gut bekannt und wurden bereits ausführlich beschrieben[36]https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33953325/[37]https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33101306/. Dies würde letztlich zu einem universellen (d. h. MHC-unbeschränkten) und nicht Ag-spezifischen Rückgang der Impfstoffwirksamkeit gegenüber allen infektiösen Sars-CoV-2-Varianten führen.
Warum ist es wahrscheinlich, dass Massenimpfkampagnen die Morbiditäts- und Mortalitätsrate von Covid-19 erhöhen?
Aus rein wissenschaftlicher Sicht und ungeachtet aller (wichtigen!) ethischen Fragen, die sie aufwerfen, sind Massenimpfkampagnen, die inmitten einer Pandemie durchgeführt werden, zum Scheitern verurteilt und haben unvorhersehbare gesundheitliche Folgen, nicht nur für die einzelnen Geimpften, sondern auch für die Weltbevölkerung.
Wie bereits erwähnt, können Veränderungen im „traditionellen” Wirtsumfeld (z. B. Einführung strenger öffentlicher Gesundheitsmaßnahmen und soziale Distanzierung; Überbevölkerung) die evolutionäre Dynamik der Pandemie verändern und die natürliche Selektion und die dominante Ausbreitung infektiöserer Varianten vorantreiben (oder alternativ ihre rasche Ausbreitung fördern, sobald sie de novo in eine Population eingeführt werden). Ebenso kann man davon ausgehen, daß groß angelegte Impfkampagnen während einer Pandemie die natürliche Selektion und die dominante Ausbreitung von nAb-ausweichenden Varianten vorantreiben werden. In dem Maße, in dem sich die virale Anpassung weiterentwickelt, wird jedoch die Replikation und Übertragung solcher natürlich selektierten Varianten, die dem Immunsystem entgehen, durch asymptomatisch infizierte oder leicht erkrankte Geimpfte immer häufiger werden und schließlich das Risiko einer schnellen Reexposition für nicht geimpfte, zuvor asymptomatisch infizierte Personen erhöhen. Dies wird nun wahrscheinlich eine neue Welle der Morbidität und Mortalität im nicht geimpften Teil der Bevölkerung auslösen. In Ländern, in denen Massenimpfkampagnen vor dem Hintergrund eines geringen Infektionsdrucks durchgeführt werden, wird es länger dauern, bis die steigenden Durchimpfungsraten die konvergente Evolution zusätzlicher, natürlich ausgewählter Mutationen vorantreiben, die die virale Persistenz angesichts einer stärkeren und weiter verbreiteten impfinduzierten Immunantwort gewährleisten. Es besteht jedoch kein Zweifel daran, daß das Endziel dieser konvergenten Evolution von impfstoffvermittelten Immun-Escape-Mutanten die vollständige Resistenz von Sars-CoV‑2 gegen die Covid-19-Impfstoffe ist. Wenn dies eintritt, werden vor allem die Geimpften extrem anfällig für die Covid-19-Krankheit, da sie sich nicht mehr auf ihre angeborenen Abwehrkräfte verlassen können, da diese von den Impfstoff-Abs für die Bindung an das S‑Protein verdrängt werden.
Es ist wichtig festzuhalten, daß es für das Virus ausreicht, dem S- oder RBD-gesteuerten Immundruck zu entkommen, um infektiöser zu werden bzw. den schützenden (neutralisierenden) Impfstoff-Abs zu widerstehen. Da weder zuvor asymptomatisch infizierte, nicht geimpfte Personen noch zuvor immunologisch naive Geimpfte ein schützendes T‑Zell-Priming erfahren haben, reicht die Immunumgehung von S‑spezifischen Abs aus, damit Sars-CoV‑2 bei diesen Menschen eine Covid-19-Erkrankung verursacht. Angesichts der Intensität der natürlichen Selektionssignale, die in der derzeitigen genomischen Landschaft des Sars-CoV-2-Spike-Proteins beobachtet wurden[38]https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33688681/, kann man davon ausgehen, daß ein weiterer Anstieg des immunologischen Selektionsdrucks auf dieses Protein auf Populationsebene (d.h. als Ergebnis fortgesetzter Massenimpfkampagnen) letztlich Varianten, die in der Lage sind, einem vollständigen Satz von Impf-Abs zu entgehen (einschließlich derer, die durch Impfstoffe der zweiten Generation hervorgerufen werden), einen Übertragungsvorteil verschaffen wird. Wie bereits erwähnt, ist damit zu rechnen, daß dies die Morbiditäts- und Mortalitätsraten bei Geimpften drastisch erhöht.
Warum sind die meisten Länder trotz eines fortgeschrittenen Stadiums ihrer Massenimpfkampagnen noch nicht von einer verstärkten Verbreitung zunehmend immunresistenter Varianten betroffen?
Eine vollständige Impfstoffresistenz ist noch nicht zu beobachten, da es viel länger dauern kann, bis eine Kombination mehrerer synergistischer Immun-Escape-Mutationen bei einer ausreichenden Zahl von Personen in der Bevölkerung auftritt. Sobald diese Immun-Escape-Varianten jedoch in ausreichender Häufigkeit vorhanden sind, werden sie sich in Populationen, die einer Massenimpfung ausgesetzt sind, schnell etablieren (aufgrund des weit verbreiteten S‑gerichteten Immunselektionsdrucks). Es ist jedoch zu beachten, daß die Impfung während dieser Zeit der pandemischen Ruhe zu einem erhöhten ADE-Risiko führen kann, da das S‑Protein von Zwischenvarianten, die nur eine Teilmenge der S‑assoziierten Mutationen aufweisen, die für eine vollständige Resistenz gegen den Impfstoff erforderlich sind, immer noch von den Impfstoff-Abs erkannt (aber nicht neutralisiert) werden kann (siehe oben).
Werden Massenimpfungen in Abhängigkeit von geographischen und/oder demographischen Faktoren zu unterschiedlichen Ergebnissen führen?
Unabhängig von der derzeitigen Entwicklungsdynamik der Pandemie in einem bestimmten Land werden die Immun-Escape-Varianten letztlich zu einem gemeinsamen adaptiven Endpunkt konvergieren, nämlich der vollständigen Resistenz gegen S‑spezifische nAbs, die durch Covid-19-Impfstoffe induziert werden oder aus einer natürlichen Infektion resultieren. Die Geschwindigkeit, mit der sich bei Sars-CoV‑2 eine Resistenz gegen S‑spezifische nAbs entwickeln dürfte, die durch die derzeitigen Impfstoffe induziert oder nach einer natürlichen Infektion erworben werden, wird — neben anderen, oben genannten Faktoren — von der Geschwindigkeit abhängen, mit der Massenimpfkampagnen durchgeführt werden. Die Teilnahme von Jugendlichen und Kindern an diesen Massenimpfkampagnen wird den Nährboden für nAb-resistente Varianten nur rasch erweitern und die oben beschriebene Entwicklung beschleunigen.
Warum ist es unwahrscheinlich, dass Folgeimpfstoffe mit nAb-Schlüsselepitopen aus dem variantenassoziierten Spike-Protein das Problem der Immun-Escape-Varianten lösen?
Erstens weist das Spike-RBD ein hohes Maß an evolutionärer Vielseitigkeit auf, während Covid-19-Impfstoffe nur eine relativ begrenzte Immunantwort hervorrufen (d. h. auf einige wenige immundominante Domänen innerhalb eines einzigen Virusproteins gerichtet sind). Daher kann man davon ausgehen, daß die evolutionäre Fähigkeit von Sars-CoV‑2, Varianten zu entwickeln, die in der Lage sind, mehreren nAbs zu entgehen, weit über die Breite der S‑assoziierten Epitope hinausgeht, auf die Covid-19-Impfstoffe möglicherweise abzielen können[39]https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33909660/[40]https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34075212/[41]https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33769683/. Dies deutet bereits darauf hin, daß diese Impfstoffe höchstwahrscheinlich zu einer mutationsvermittelten Flucht vor S‑spezifischen Wirts-Abs führen.
Bei einer erneuten Impfung mit aktualisierten S‑spezifischen Impfstoffen (so genannte Impfstoffe der zweiten Generation) werden zuvor geimpfte Personen ihre ursprünglichen Impf-Abs rasch wiedererlangen, während diejenigen, die auf ihre aktualisierte Impfung warten, dies als Folge einer natürlichen Exposition tun können (da das Virus in der Tat immer noch zirkuliert, vor allem bei asymptomatisch infizierten Geimpften). In der Immunologie wird dieses Phänomen als „antigene Sünde” bezeichnet. Folglich wird in der geimpften Population ein hoher immunologischer Selektionsdruck aufrechterhalten, der die weitere Ausbreitung von Virusvarianten fördert und die Geschwindigkeit beschleunigt, mit der die Varianten ein Repertoire zusätzlicher Immun-Escape-Mutationen entwickeln, das ausreicht, um schließlich auch eine vollständige Resistenz gegen den aktualisierten Impfstoff zu ermöglichen. In diesem Zusammenhang ist es auch wichtig zu beachten, daß eine einzige zusätzliche Mutation ausreichen könnte, um die verbesserte Neutralisierungskapazität des aktualisierten Impfstoffs aufgrund der epistatischen Interaktion zwischen der zusätzlichen Mutation und mehreren zuvor etablierten adaptiven Mutationen, auf die die impfspezifischen nAbs abzielen, aufzuheben. Darüber hinaus sind Molekularepidemiologen zunehmend besorgt über eine potentielle Ausweitung der durch Rekombination erzeugten Kombinationen von Immun-Escape-Mutationen, da diese bei Koinfektionen mit verschiedenen Varianten auftreten und noch problematischere Varianten erzeugen könnten, die besser in die sich entwickelnde Fitnesslandschaft der anhaltenden Pandemie passen[42]https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33688681/[43]https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33769683/.
Wenn ein hoher Infektionsdruck mit einem hohen immunologischen Selektionsdruck zusammenfällt, ist davon auszugehen, daß teilweise resistente Varianten das „Tal der geringeren Fitness” schneller durchschreiten und somit die Entstehung dominanter Varianten, die den aktualisierten Impfstoffen vollständig widerstehen, beschleunigen. Das heißt, daß die ständig steigenden Durchimpfungsraten in Verbindung mit gelockerten Maßnahmen zur Infektionsprävention und der weltweiten Zunahme infektiöser Varianten jetzt als Nährboden für neue nAb-resistente Varianten dienen.
Die Auffrischungsimpfung mit Impfstoffen der zweiten Generation ist fast vergleichbar mit der saisonalen Auffrischung von Grippeimpfstoffen, da letztere auf dem Hintergrund der Herdenimmunität verabreicht werden. Engagierte Molekularepidemiologen scheinen die Wahrscheinlichkeit anzuerkennen, daß aktualisierte Covid-19-Impfstoffe auf S‑Basis versagen könnten, und erklären, daß „weitere Studien erforderlich sein könnten, um das Risiko einer Immunumgehung bei einer Strategie mit jährlich aktualisierten Impfstoffen zu verstehen”[44]https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33909660/.
Könnte ein sofortiger und weltweiter Stopp der Massenimpfkampagnen das Auftreten von schädlicheren viralen Rekombinationen oder die Resistenz von Sars-CoV‑2 gegen Covid-19-Impfstoffe noch verhindern?
Ein weltweiter und sofortiger Stop der Massenimpfkampagnen würde es ermöglichen, den selektiven Druck des Immunsystems auf die Stellen im S‑Protein zu verringern, welche die Umgehung der Antikörper ermöglichen. In diesem relativ fortgeschrittenen Stadium des globalen Massenimpfprogramms ist es jedoch wahrscheinlich bereits zu spät, um eine virale Resistenz gegen S‑Abs zu verhindern, selbst wenn die Massenimpfkampagnen sofort und weltweit eingestellt würden, und obwohl die Durchimpfungsraten in einer Reihe von Ländern mit niedrigem Einkommen immer noch recht niedrig sind. Der Grund dafür ist
- nAb-resistente Viren, die in einer bestimmten Population selektiert wurden, sich leicht anpassen und sich nach ihrer Einführung in andere Populationen ausbreiten, die eine ähnliche Verschiebung in der Sars-CoV-2-Eignungslandschaft durchlaufen, auch wenn die lokalen Varianten, die sie beherbergen, in ihrem adaptiven Prozeß der evolutionären Konvergenz von Immun-Escape-Mutationen weniger weit fortgeschritten sind
- Das derzeitige Spektrum an Escape-Mutationen bildet bereits die Grundlage für mehrfache Rekombinationen, wenn sich das Virus weiter ausbreitet. Kombinationen von Immun-Escape-Mutationen ermöglichen es den Varianten, die durch Impfung induzierte Immunität zu umgehen oder andere phänotypische Merkmale zu erwerben, welche potentiell schädlicher sein könnten[45]https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33688681/[46]https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33909660/[47]https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34075212/[48]https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33769683/. Einige dieser kombinatorischen Varianten könnten daher problematischer sein als diejenigen, die zuvor im Umlauf waren.
Daher kann man davon ausgehen, daß ein sofortiger Stop aller Covid-19-Impfkampagnen die vollständige Resistenz von Sars-CoV‑2 gegen die Impfstoffe höchstens um einige Monate verzögern könnte. Allerdings ist es wahrscheinlich, daß Rekombinationen zu Supervarianten mit unvorhersehbaren phänotypischen Merkmalen führen, von denen einige für eine weitere Steigerung der viralen Infektiosität und/oder Virulenz verantwortlich sein oder sogar eine Anpassung an eine andere Säugetierart ermöglichen könnten[49]https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33711012/. Wie bereits erwähnt, werden Rekombinationen durch Koinfektion mit verschiedenen Varianten gefördert. In diesem Stadium der Pandemie wird eine Koinfektion mit verschiedenen Varianten immer wahrscheinlicher, da die Maßnahmen zur Infektionsprävention in vielen Ländern gelockert werden[50]https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33769683/. Die Anpassung an andere Säugetierarten kann durch eine erhöhte Bindungsaffinität des mutierten Spike-Proteins für deren Ace-2-Rezeptor erfolgen (z. B. im Fall der Sars-CoV-2-Variante Y453F bei Nerzen) und ein zusätzliches asymptomatisches Reservoir für die wiederholte Übertragung auf den Menschen schaffen[51]https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33404586/.
Wenn nicht in einem frühen Krankheitsstadium eine aggressive multiresistente Behandlung erfolgt und groß angelegte Chemoprophylaxe-Kampagnen durchgeführt werden, wird die Resistenz von Sars-CoV‑2 gegen Covid-19-Impfstoffe höchstwahrscheinlich zu einem steilen Anstieg der Morbiditäts- und Mortalitätsraten bei Geimpften führen, insbesondere bei denjenigen, die vor der Impfung nicht an Covid-19 erkrankt waren.
Haben die Wissenschaftler den Verdacht, daß die Massenimpfung die Ausbreitung von impfstoffresistentem Sars-CoV‑2 fördert?
In diesem Zusammenhang reicht es aus, D. Van Egeren et al. zu zitieren [52]https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33909660/:
„Belege aus mehreren experimentellen Studien, die zeigen, daß einzelne RBD-Punktmutationen zu einer Resistenz gegen neutralisierendes Rekonvaleszenzplasma von mehreren Spendern führen können, deuten darauf hin, daß spezifische einzelne Mutanten in der Lage sein könnten, die auf Spikes abzielende Impfimmunität bei vielen Individuen zu umgehen und zu einer raschen Verbreitung von impfstoffresistentem SARS-CoV‑2 zu führen. Eine Variante, die der Neutralisierung durch Rekonvaleszenzplasma entgehen kann, zirkuliert bereits in Südafrika und könnte einem größeren positiven Selektionsdruck ausgesetzt sein, sobald die Impfstoffe auf breiter Basis eingesetzt werden”. Die Autoren weisen ferner darauf hin, daß die natürliche Selektion von Mehrfachmutationen bei Personen, die nAbs gegen das Sars-CoV-2-Spike-Protein besitzen, „die Entstehung von impfstoffresistenten Stämmen in den Monaten nach der Einführung des Impfstoffs beschleunigen könnte”, und stellen fest, daß „weitere Studien erforderlich sind, um zu verstehen, welches Risiko die Immunumgehung für eine Strategie mit jährlich aktualisierten Impfstoffen darstellt”. Weitere Zitate von Wissenschaftlern, die die Evolutionsbiologie von Sars-CoV‑2 untersuchen, lauten wie folgt:
”… Impfstoffe selbst stellen einen Selektionsdruck für die Evolution von impfstoffresistenten Varianten dar…”[53]https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33769683/.
Die Vorstellung, daß Impfstoffe in der Lage sind, das Immunsystem von veränderlichen Erregern zu umgehen und die Dominanz von antigenisch unterschiedlichen Varianten mit veränderten biologischen Eigenschaften zu ermöglichen, wenn sie auf Populationsebene eingesetzt werden, ist sicherlich nicht neu[54]https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/17210532/[55]https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33101306/[56]Read A.F. et al. Imperfect Vaccination Can Enhance the Transmission of Highly Virulent … Continue reading. Dieses Wissen in Verbindung mit der bemerkenswerten Fähigkeit von Sars-CoV‑2, sich schnell an neue Umgebungen und unterschiedliche Wirte anzupassen, insbesondere durch konvergente Evolution spezifischer Spike-Mutationen[57]https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33711012/[58]Tegally H. et al. Emergence and rapid spread of a new severe acute respiratory syndrome-related coronavirus 2 (SARS-CoV‑2) lineage with multiple spike mutations in South Africa.medRxiv. … Continue reading[59]Gu, H. et al. Adaptation of SARS-CoV‑2 in BALB/c mice for testing vaccine efficacy.
Science 443 369, 1603–1607(2020)
https://doi.org/10.1126/science.abc4730, veranlaßte zumindest einige Wissenschaftler zu der Feststellung, daß „mit der zunehmenden Immunität der Wirte, die durch den Einsatz von Impfstoffen unterstützt wird, und der anhaltenden weiten Verbreitung von SARS-CoV‑2, wir durchaus erwarten, daß wir vermehrt Belege für eine adaptive Evolution bei Spike und anderen Genen sehen werden…” [60]https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33711012/ oder daß „Mutationen, die den antigenen Phänotyp von SARS-CoV‑2 beeinflussen, es Varianten ermöglichen, die durch natürliche Infektion oder Impfung verliehene Immunität zu umgehen”[61]https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34075212/. Andere Wissenschaftler kommen zu den folgenden Schlußfolgerungen: „Anschließend wurde festgestellt, daß sich viele andere Veränderungen des Spike-Proteins schnell ausbreiten, was zeigt, daß der größte Teil des Selektionsdrucks auf dieses Protein von der Anpassung an den Wirt herrührt. Wir können daher davon ausgehen, daß sich dieses Protein, und in geringerem Maße auch das Nukleokapsidprotein, unter dem Selektionsdruck der Impfung am schnellsten weiterentwickelt”[62]https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33769683/ oder: „Es gibt jedoch zunehmend Hinweise darauf, daß Mutationen, die den antigenen Phänotyp von SARS-CoV‑2 verändern, im Umlauf sind und die Immunerkennung in einem Maße beeinträchtigen, das sofortige Aufmerksamkeit erfordert”. Die Wissenschaftler räumen aber auch ein, daß ein Rekombinationsereignis innerhalb von Sars-CoV-2-Varianten oder zwischen einer Sars-CoV-2-Variante und Sars-CoV‑2 aus Fledermäusen höchst problematisch sein könnte, wenn es darum geht, eine Resistenz gegen die Impfstoffe herbeizuführen: „Aufgrund der hohen Diversität und des generalistischen Charakters dieser Sarbecoviren ist ein zukünftiger Spillover, möglicherweise in Verbindung mit einem Rekombinationsereignis mit SARS-CoV‑2, möglich, und ein solches ‚SARS-CoV‑3’ könnte ausreichend abweichend sein, um sowohl die natürliche als auch die durch Impfung erworbene Immunität zu umgehen, wie dies bei SARS-CoV‑1 und SARS-CoV‑2 nachgewiesen wurde. Wir müssen daher die Überwachung von Sarbecoviren an der Schnittstelle zwischen Mensch und Tier drastisch verstärken und das künftige Auftreten von SARS-CoV in der menschlichen Bevölkerung sorgfältig überwachen”[63]https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33711012/. Biologen, die die genomische Zusammensetzung von CoVs im Allgemeinen und die von CoV‑2 im Besonderen untersuchen, haben überzeugende Beweise dafür veröffentlicht, daß auch angeborene, nicht-Ag-spezifische antivirale Immunantworten, die von infiziertem Wirtsgewebe (d. h. nicht nur von Lymphgewebe!) ausgehen, einen immunologischen Selektionsdruck ausüben, der die genomische Zusammensetzung von infizierenden CoVs prägt[64]https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33351847/. Wie bereits erwähnt, wird davon ausgegangen, daß die durch Impfstoffe vermittelte T‑Zellen-Immunität aufgrund der von ihnen stimulierten angeborenen Immunkaskaden zum Schutz beiträgt.
Unter Molekularepidemiologen herrscht allgemein Einigkeit darüber, daß die Resistenz gegen nAbs und damit auch die impfstoffinduzierte Immunität erheblich verzögert werden könnte, wenn die Zahl der aktiven Infektionen (d. h. der Infektionsdruck) auf eine Weise verringert würde, die keinen spezifischen Selektionsdruck auf das Virus ausübt. Wörtlich heißt es dort: „In diesem Zusammenhang werden Impfstoffe, die keine sterilisierende Immunität bieten (und daher weiterhin eine Übertragung ermöglichen), zum Aufbau großer stehender Viruspopulationen führen, was das Risiko einer Immunflucht stark erhöht”[65]https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33909660/.
Es ist kaum vorstellbar, daß Wissenschaftler, die sich mit der Genom-/Molekularepidemiologie oder der Evolutionsbiologie von Sars-CoV‑2 befassen, nicht verstehen, daß Massenimpfkampagnen die natürliche Selektion und die Ausbreitung von Immun-Escape-Varianten fördern, wenn sie alle zu dem Schluß kommen, daß der selektive Immundruck, der durch die antiviralen Immunreaktionen des Wirts ausgeübt wird, Fitness-steigernde Mutationen mit einem Übertragungsvorteil ausstattet, der ihre Anpassung an die infizierte (gewebespezifische) Umgebung des Wirts ermöglicht. In Anbetracht aller vorgelegten wissenschaftlichen Beweise und der unheilvollen Perspektive der aktuellen Entwicklung, wenn man sie in einen immunologischen und impfstofftechnischen Kontext stellt, sollten sich sachkundige Wissenschaftler moralisch und ethisch verpflichtet fühlen, ihre Bedenken lautstark öffentlich zu äußern. Mitfühlende Wissenschaftler, die sich eingehend mit dieser komplexen Materie befaßt haben, haben nun zunehmend den Eindruck, daß Gesundheitsbehörden und beratende Experten einfach weiter leugnen werden, daß sie verzweifelt falsch liegen, ganz gleich, wie überzeugend die vorgelegten wissenschaftlichen Beweise sind, und ganz gleich, welche Folgen dieses beispiellose Experiment für die öffentliche Gesundheit in den kommenden Jahren haben wird.
Geert Vanden Bossche (DVM, PhD) studierte an der Universität Gent, Belgien, und promovierte an der Universität Hohenheim, Deutschland, in Virologie. Er hatte Lehraufträge an Universitäten in Belgien und Deutschland inne. Nach seiner akademischen Laufbahn war Geert bei verschiedenen Impfstoffunternehmen (GSK Biologicals, Novartis Vaccines, Solvay Biologicals) in verschiedenen Funktionen in der Impfstoff‑F&E sowie in der späteren Impfstoffentwicklung tätig.
Anschließend wechselte Geert als Senior Program Officer zum Global Health Discovery Team der Bill & Melinda Gates Foundation in Seattle (USA) und arbeitete anschließend als Senior Ebola Program Manager bei der Global Alliance for Vaccines and Immunization (GAVI) in Genf. Bei GAVI verfolgte er die Bemühungen zur Entwicklung eines Ebola-Impfstoffs. Außerdem vertrat er GAVI in Foren mit anderen Partnern, einschließlich der WHO, um die Fortschritte im Kampf gegen Ebola zu überprüfen und Pläne für die globale Pandemievorsorge zu erstellen. 2015 untersuchte und hinterfragte Geert die Sicherheit des Ebola-Impfstoffs, der in den von der WHO in Guinea durchgeführten Ringimpfungsversuchen verwendet wurde. Seine kritische wissenschaftliche Analyse und sein Bericht über die von der WHO 2015 im Lancet veröffentlichten Daten wurden an alle internationalen Gesundheits- und Regulierungsbehörden geschickt, die am Ebola-Impfprogramm beteiligt waren.
Nach seiner Tätigkeit für GAVI wechselte Geert zum Deutschen Zentrum für Infektionsforschung in Köln als Leiter des Büros für Impfstoffentwicklung. Derzeit ist er hauptsächlich als Biotech-/Impfstoffberater tätig, betreibt aber auch eigene Forschung zu Impfstoffen auf Basis von natürlichen Killerzellen.
References
↑1, ↑2, ↑3, ↑5 | https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33688681/ |
---|---|
↑4 | https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33387997/ |
↑6 | https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33688681/ |
↑7, ↑16, ↑40, ↑47, ↑61 | https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34075212/ |
↑8 | https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33404586/ |
↑9, ↑10, ↑15, ↑23, ↑24, ↑25, ↑32, ↑33, ↑39, ↑44, ↑46, ↑52, ↑65 | https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33909660/ |
↑11, ↑30 | https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2021.05.23.21257679v1 |
↑12, ↑31 | https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2021.05.23.21257668v2 |
↑13, ↑14, ↑27, ↑28, ↑29, ↑38, ↑42, ↑45 | https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33688681/ |
↑17 | Kemp, S. A. et al. SARS- CoV‑2 evolution during treatment of chronic infection. Nature https://doi.org/ (2021). |
↑18 | Choi, B. et al. Persistence and evolution of SARS- CoV‑2 in an immunocompromised host. N. Eng. J. Med. 383, 2291–2293 (2020). |
↑19 | Avanzato, V. A. et al. Case study: prolonged infectious SARS- CoV‑2 shedding from an asymptomatic immunocompromised individual with cancer. Cell 183, 1901–1912 e1909 (2020). |
↑20 | Naveca, F. et al. SARS- CoV‑2 Reinfection by the New Variant of Concern (VOC) P.1 in Amazonas, Brazil. https://virological.org/t/Sars- cov-2-reinfection- bythe-new-variant- of-concern- voc-p-1-in-amazonasbrazil/596 (2021). |
↑21 | Nonaka, C. K. V. et al. Genomic Evidence of a SARSCov‑2 Reinfection Case with E484K Spike Mutation in Brazil. https://www.preprints.org/manuscript/202101.0132/v1 (2021 |
↑22 | Rambaut A. et al. Preliminary genomic characterization of an emergent SARS-CoV‑2 lineage in the UK defined by a novel set of spike mutations. SARS-CoV‑2 coronavirus/nCoV-2019 Genomic Epidemiology—Virological (2021 |
↑26 | Duffy S. Why are RNA virus mutation rates so damn high? PLoS Biol. (2018) https://doi.org/10.1371/ |
↑34 | https://science.sciencemag.org/content/303/5656/327.long |
↑35 | https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34107529/ |
↑36 | https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33953325/ |
↑37, ↑55 | https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33101306/ |
↑41, ↑43, ↑48, ↑50, ↑53, ↑62 | https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33769683/ |
↑49 | https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33711012/ |
↑51 | https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33404586/ |
↑54 | https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/17210532/ |
↑56 | Read A.F. et al. Imperfect Vaccination Can Enhance the Transmission of Highly Virulent Pathogens. https://journals.plos.org/plosbiology/article?id=10.1371/journal.pbio.1002198 (2015) https://doi.org/10.1371/journal.pbio.1002198 |
↑57, ↑60, ↑63 | https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33711012/ |
↑58 | Tegally H. et al. Emergence and rapid spread of a new severe acute respiratory syndrome-related coronavirus 2 (SARS-CoV‑2) lineage with multiple spike mutations in South Africa. medRxiv. 2020 Epidemiology. https://doi.org/10.1101/2020.12.21.20248640 |
↑59 | Gu, H. et al. Adaptation of SARS-CoV‑2 in BALB/c mice for testing vaccine efficacy. Science 443 369, 1603–1607(2020) https://doi.org/10.1126/science.abc4730 |
↑64 | https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33351847/ |